Samstag, 25. Januar 2014

Verkehrsinfrastruktur Hamburg

Investitionsschub in der Verkehrsinfrastruktur und Hamburg steht im Stau! Diskussion mit Matthias Soyka, Verleger und Chefredakteur der Stadt Land Hafen und mit Experten aus Wirtschaft, Verwaltung und Politik wie Hamburg die Herausforderungen in Verkehr und Infrastruktur bewältigt.
Hamburg bildet die Pole-Position im Bereich der Großinvestitionen in Baumaßnahmen der Autobahnen und Schienenwege, berichtet Martin Huber, Leiter des Amts für Verkehr und Straßenwesen in der Hamburger Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovationen.
Entscheidende Infrastrukturprojekte im Bereich der Autobahnen sind in Planung. Ein Ausbau der A21 in Richtung Elbe ist jedoch im Jahr 2014 nicht zu erwarten. Fortschritte macht allerdings der nördliche und südliche Ausbau der A7. Der Ausbau der Strecke Hamburg – Bordesholm (Dreieck) wurde bereits ausgeschrieben und man ist in Verhandlung mit zwei Bietern. Der Bund leistet rund 600 Mio. Euro Anschubfinanzierung. Die Betreibergesellschaft soll über einen Zeitraum von 30 Jahren ein Verfügbarkeitsentgelt erhalten. Erwartet wird eine verkürzte Bauzeit sowie eine geringe Beeinträchtigung der Nutzer, da gesperrte Spuren zu Ertragsminderungen führen werden. Auszugehen ist von einer Spurenverengung in der Bauphase, um die Leistungsfähigkeit der Autobahn zu erhalten. Dennoch kann es zu kurzfristigen Vollsperrungen von Abfahrten kommen, die jedoch über eine Netzbeeinflussungsanlage mit Echtzeitinformationen geregelt werden sollen. Mit Baubeginn wird Ende 2014 gerechnet. Die vollständige Finanzierung wird erst geklärt, wenn die Vergabe erfolgt ist. Huber beschreibt die norddeutsche Kooperation als optimal und lobt die Baustellenkoordination, die sich in den letzten Monaten maßgeblich verbessert haben soll. Während des A7-Ausbaus wird ein Mailingservice eingerichtet, sowie eine ständige Verfügbarkeit aktueller Informationen im Internet.
Weitere Maßnahmen werden außerdem die Verlegung der Wilhelmsburger Reichstraße, der Anschluss der A26 an die A7 und die Hafenquerspange sein. Für die A1 wird ein Bedarf von einer Milliarde veranschlagt. Das Projekt ist im Verkehrswegeplan 2015/16 zwar enthalten, jedoch muss Hamburg erst aufgenommen werden. Vor 2030 kann mit einer Realisierung nicht gerechnet werden. Im Hinblick auf Finanzierungswege gibt es derzeit keinen Hinweis. Prioritär sind des Weiteren Infrastrukturmaßnahmen in der Schifffahrt. Die BWVI sieht besonderen Handlungsbedarf bei der Durchsetzung der Fahrinnenanpassung der Elbe, dem Ausbau und Instandsetzung des Nord-Ostsee-Kanals, des Elbe-Seitenkanals sowie der Schleuse bei Lüneburg. Im Schienenbau sind der Eisenbahnknoten Hafenbahn/Heideraum und ein zweites Gleis bei Uelzen Thema, denn der Fernverkehr verzeichnet einen ungebrochenen Anstieg und die Transportleistung steigt. Die Verlegung des Fernverkehrsbahnhofs Altona ist nach wie vor offen. Im ersten Quartal 2014 wird mit einer Projektskizze gerechnet, die aufzeigt, wie die Verlagerung nach Diebsteich/ Langenfelde erfolgen und die Sanierung des bestehenden Bahngeländes aussehen könnte. Die Frage, ob die Sanierungskosten von der Deutschen Bahn oder von der Stadt Hamburg getragen werden, ist unklar. Aufgrund der massiven Verschmutzung der alten Anlagen und Grundstücke, die dem Wohnungsbau weichen sollen, sind jedoch hohe Reinigungskosten zu erwarten.
Dr. Wieland Schinnenburg, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Bürgerschaftsfraktion stellt fest: „Hamburgs Infrastruktur muss dringend ausgebaut und saniert werden. Der Senat tut viel zu wenig hierfür. Nach seiner eigenen Darstellung ist mehr als ein Drittel des Hamburger Straßennetzes von 4.000 km sanierungsbedürftig. Im Jahre 2013 wurden gerade einmal 64 km, also 1,6 Prozent, saniert. Hinzu kommt ein völlig unzureichendes Baustellenmanagement, so dass zusätzliche Staus programmiert sind. Viel zu oft sehen wir Straßenbaustellen, auf denen fast nicht gearbeitet wird.“ Stau ist ein altbekanntes Problem in Hamburg, das der Senat nicht in den Griff bekommt. So fand Dr. Schinnenburg anhand kleiner Anfragen heraus, dass die BWVI gar nicht weiß, wo in Hamburg genau Stau ist. Die KOST (Koordinierungsstelle für Baumaßnahmen) nimmt keine Verkehrssimulationen vor, um das Baustellenmanagement effizient zu koordinieren. Außerdem werden die 350km Bezirksstraßen dabei nicht erfasst, so dass sich die KOST nur auf 50 km Hauptverkehrsstraßen bezieht. Eine Studie zeigte, dass sich die Fahrtzeit in Hamburg durch Staus im Schnitt um 32% verlängert. Im weltweiten Vergleich ein gutes Ergebnis, deutschlandweit aber Schlusslicht: Hamburg liegt damit auf Platz 2 der Top-Staustädte der Bundesrepublik. Handlungsbedarf ist dringend geboten. Dr. Schinnenburg schlägt Lösungswege vor: Abend- und Wochenendarbeit muss kontinuierlicher ausgenutzt werden. Im Zeitraum Montag bis Samstag von 7:00 bis 23:00 Uhr darf gebaut werden. Dieser Zeitrahmen muss ausgeschöpft werden, um Baustellenzeiten und damit Stauzeiten zu verkürzen. Weitere Anreize zur schnelleren Fertigstellung von Bauprojekten sieht er im Bereich der Vertragsstrafen und Bonus- bzw. Malus-Systemen. Diese Optionen nutzt der Senat nur in Ausnahmen, dabei stellen sie ein wirksames Instrument dar. Kurt-Jürgen Schimmelpfeng, Geschäftsführer des Vereins Hamburger Spediteure e.V. kritisiert, dass die Erklärungen und Ankündigungen am Ende selten den Tatsachen entsprechen und eine verbindliche Planbarkeit und Zuverlässigkeit für
Transportunternehmen einfach nicht gewährleistet wird. Vor dem Hintergrund steigenden Wettbewerbes ist das durchaus problematisch. Doch ein wesentlicher Grund für Verzögerungen des Ausbaus von Infrastrukturmaßnahmen liegt nicht ausschließlich bei den politischen Entscheidern, sondern im Verbandsklagerecht. Das Verbandsklagerecht sieht vor, dass Verbänden erst am Ende eines Verfahrens die Möglichkeit zur Beteiligung eingeräumt wird, wenn wesentliche Grundpfeiler des Projekts längst feststehen. Dies führt zu Klagen, die durch eine zeitigere Einbeziehung vermieden werden könnten. Zurzeit führt das Verbandsklagerecht zu zeitlichen Verzögerungen von mehreren Jahren. Das Verfahren um die Fahrinnenanpassung der Elbe ist hierbei ein besonders prägnantes Beispiel. Es bedarf dringend einer effizienteren Regelung im Sinne aller Beteiligten.

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