Die Chancen und Probleme des Hamburger Hafens standen im Fokus der Hafenrundfahrt. Wirtschaft, Verwaltung und Politik vereint auf der Barkasse „Hamburger Deern“ in hitziger Diskussion um die Herausforderungen des Hafens, der uns Hamburger mit so viel Stolz erfüllt. Ich freue mich, dass ich das hochkarätig besetzte Podium mit Gunther Bonz, Präsident des UVHH und Geschäftsführer von Eurogate, Wolfgang Hurtienne, Geschäftsführer der HPA, Dr. Thomas-Sönke Kluth MdHB, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Bürgerschaftsfraktion und Dr. Werner Marnette, Wirtschaftsminister des Landes Schleswig-Holstein a.D. und ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Norddeutschen Affinerie AG (heute Aurubis AG) an Bord begrüßen durfte. Moderiert wurde der Abend von Matthias Soyka, der als Verleger und Chefredakteur der „Stadt Land Hafen“ viele Hintergrundinformationen beitragen konnte.
Die Herausforderungen des Hafens wurden von den Referenten klar identifiziert und benannt. Differenziert
sind die Ansichten jedoch im Hinblick auf mögliche Lösungsansätze. Im Prinzip
kann man die Kernthemen auf folgende Punkte eingrenzen:
Im Hafenentwicklungsplan 2025 gibt es keine
Aussagen zur Hafenfinanzierung. „Die Senatsanfragen haben es deutlich gemacht:
Die HPA kalkuliert derzeit mit 450 Mio Euro Mehrkosten. Die HHLA Milliarde ist
jedoch bis 2014 verplant bzw. verbraucht, das Konzept „Hafen finanziert Hafen“
ist gescheitert und die Haushaltsfinanzierung sieht 100 – 120 Mio Euro jährlich
für Hafenprojekte vor“, so Dr. Kluth. Und woher kommt das Geld? Der
FDP-Abgeordnete spricht von der Verantwortung des Bundes. Die Bundesregierung
muss die nationale Bedeutung des Hafens anerkennen. Norddeutsche Interessen müssen
in Berlin stärker vertreten werden. Außerdem müssen neue Finanzierungswege,
z.B. durch eine weitere Teilprivatisierung der HHLA erschlossen werden. Dr. Kluth
und Hurtienne sind sich einig, dass es einer Finanzierungs-, Ziel- und
Leistungsvereinbarung zwischen Senat und HPA bedarf.
Hurtienne räumt ein, dass die Lasten nicht
allein vom Bund getragen werden können. Er sieht die Lösung auf der
Einnahmeseite. Doch welche Konsequenzen hätte ein Preisanstieg im Hafen? Würde Hamburg im Wettbewerb von Rotterdam abgedrängt?
Die Referenten sind sich einig, dass die
Fahrinnenanpassung der Elbe für die Zukunft des Hamburger Hafens unerlässlich
ist. Für den Wirtschaftsstandort ist eine schnelle Einigung wichtig, denn die
Konkurrenzhäfen in den Niederlanden rüsten auf. Bonz formuliert es treffend: „do
it or die“.
Der Katalog der schlechten Verkehrsinfrastruktur ist lang. Sanierungsbedürftige Straßen, die zu kilometerlangen Staus führen, marode Brücken, wie die Kattwyck-Brücke oder die Baufälligkeit der Köhlbrandbrücke oder der vor 120 Jahren erbaute Nord-Ostsee-Kanal. Hamburg weiß um seine Baustellen, doch es passiert nichts. Der Nord-Ostsee-Kanal ist der kürzeste Schiffsweg, eine Vollsanierung bedürfte jedoch 12 – 14 Jahre. Ständig kommt es zu Engpässen, insbesondere für Feederschiffe. Das bedeutet, dass größere Schiffe um Dänemark herumfahren und dem Hamburger Hafen damit Ladung verloren geht.
Die Güter müssen den Hafen jedoch nicht nur
erreichen, sondern auch weitertransportiert werden. Die gängigste aber leider auch umweltbelastende
Variante ist der LKW, gefolgt von Bahn und Binnenschiff. Die Regelung des Schienenverkehrs
bedarf einer pragmatischen Lösung. Um es
plastisch zu veranschaulichen folgendes Beispiel täglicher Praxis: Der
Schienengüterverkehr schafft nur 120 km/h während der ICE mehr als die doppelte
Geschwindigkeit fährt. Der ICE hat aber Vorfahrt, weshalb der Güterverkehr
vorwiegend in der Zeit von 00:00 – 5:00 Uhr fahren muss und seine Kapazitäten
nicht ausschöpfen kann. Bestehende Systeme müssen erweitert werden, um Kapazitäten effizient ausnutzen zu können.
Zur Illustration fahren wir auf unserer Barkasse durch den
Hafen. Am Burchardkai bei Waltershof werden wir fündig: Die CMA CGM Cassiopeia mit
einer Tragfähigkeit von 128550t, in Containern 11388 TEU. Mit einer Länge von
363m, einer Breite von 45,6m und einem Tiefgang von 15m gehört sie zu den
großen Containerschiffen, die zurzeit den Hamburger Hafen anlaufen. Daneben die
Mittelklasse, ein Maersk-Schiff mit Kapazitäten von etwa 8000 TEU. Doch Zukunftsmusik
sieht anders aus. Die Schiffsgrößen nehmen stetig zu.
Nicht nur die drei von allen Referenten identifizierten
Probleme waren Bestandteil der Diskussion. Weitere Stichpunkte gaben Anlass zum
Nachdenken:
- Strukturelle Nachteile: Hurtienne führt uns die Hamburger
Problematik vor Augen. Keine Hafenverwaltung muss Straßennetze finanzieren. Nur
die HPA. In anderen Städten werden derartige Projekte durch den Bund aus
Steuermitteln finanziert. Ausgegangen vom Prinzip „Hafen finanziert Hafen“, gehört
die Köhlbrandbrücke eindeutig nicht dazu. Eine bessere Koordination der
Aufgaben von HPA und Wirtschaftsbehörde im Bereich der Straßenprojekte ist
dringend von Nöten.
- Wettbewerb: Dr. Marnette betont den mangelnden Wettbewerb im
Bereich der Containerabfertigung. HHLA und Eurogate teilen sich das Monopol. Im
internationalen Vergleich der Häfen fehlt es in Hamburg an Wettbewerbsintensität.
Ist der bedarf weiterer Terminals (und Terminalbetreiber) vorhanden? Bonz kritisiert die Umschlagsprognose des Senats von 25 Mio TEU in 2025. Hamburg
liegt derzeit bei 9 Mio TEU und ist damit EU-weit auf Platz 2 im
Containerumschlag. Ein Wachstum ist zu erwarten, allerdings liegen realistische
Prognosen bei 14 bis 15 Mio TEU Container. Die vorhandene Infrastruktur sei ausreichend
für den Umschlag von 16 Mio TEU
jährlich.
- Mittlerer Freihafen: Der mittlere Freihafen ist quasi der „Hinterhof“
des Hamburger Hafens. Die Lage eignet sich zwar hervorragend für die Ansiedlung
von wassernaher Industrie, ist jedoch als Containerterminal problematisch, denn
die Schiffe können nur im Acht-Stunden-Rhythmus auf der Flutwelle ein- und auslaufen. Die großen Container stehen vor einer besonderen Herausforderung. Sie benötigen unter Umständen zwei Flutwellen, um den Hafen
wieder zu verlassen, doch Wartezeit ist ein großer Kostenfaktor.
- Kreuzfahrt: Der Hafen verfügt über die beiden Terminals in
Altona und in der Hafencity. Besteht der Bedarf eines dritten Terminals? Auf Steinwerder
sehen Bonz und Hurtienne den idealen Platz zum Bau eines vorläufigen
Kreuzfahrtterminals. Vorhandene Kaimauer zu nutzen sei effizienter, als teuer neuzubauen,
so Bonz. Außerdem steht die Entwicklung der Kreuzfahrt in den Sternen. Dr.
Marnette mahnt an: „Kreuzfahrer brauchen Innenstadtnähe“ und kritisiert die
Senatsplanung. Dr. Kluth kritisiert die Unverlässlichkeit der Planungen im Hafen. Der HEP ist gerade
beschlossen, schon wird er vom Senat über den Haufen geworfen. Der Hafen
braucht Stabilität und Verlässlichkeit.
Die Bedeutung des Hafens darf nicht zu kurz kommen, denn der
Hafen ist der Motor des Wirtschaftsstandorts Hamburg.
1. Der Hafen schafft rund 800 Mio Euro Steueraufkommen pro
Jahr.
2. In der Metropolregion existieren über 35 Tausend
hafenabhängige Arbeitsplätze.
3. Nicht nur die großen Hafenbetriebe bewirtschaften den Hafen.
Ansässig sind 600 – 700 mittelständische Unternehmen. Der Hafen macht etwa 10%
der Staatsfläche Hamburgs aus und ist einer der größten Binnenhäfen weltweit.
4. Altenwerder verfügt über eins der modernsten vollautomatischen
Terminals in Europa. Bonz untermauert mit Zahlen: Eine Containerbrücke kostet
10 bis 15 Mio Euro. Altenwerder verfügt über 15 Containerbrücken, 1400m
Kaimauer und 4 Liegeplätze. Das teuerste ist jedoch die Gründung der Kaimauer.
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